Mit heute bekannt gewordenem Beschluss vom 27. Februar 2017 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) einem Normenkontrollantrag gegen die Informationsfreiheitssatzung (IFS) der Gemeinde Inzell (Landkreis Traunstein) stattgegeben und die Satzung insgesamt für unwirksam erklärt (Aktenzeichen 4 N 16.461).
Der in München wohnende Antragsteller, der in der Gemeinde Inzell ein Gewebe angemeldet hat, hatte sich insbesondere gegen die kommunale Satzung gewandt, weil diese nur Gemeindeeinwohnern Zugang zu gemeindlichen Informationen ermögliche. Er selbst sei damit vom Informationszugang ausgeschlossen.
Nach Auffassung des BayVGH dürfen Gemeinden im Rahmen ihrer Zuständigkeit zwar grundsätzlich selbst freien Informationszugang gewähren und diesen Zugang zugleich auf Einwohner der Gemeinde beschränken. Dem dürfe aber ein landesrechtliches Informationsfreiheitsgesetz entgegenstehen. Der bayerische Landesgesetzgeber habe inzwischen ein Auskunftsrecht im Bayerischen Datenschutzgesetz geschaffen, das möglicherweise Sperrwirkung für gemeindliche Satzungen entfalte. (Gemeint ist Art. 36 BayDSG, der allerdings das Auskunftsrecht restriktiv gestaltet und kein Informationsfreiheitsgesetz darstellt, wie es in nahezu allen Bundesländern existiert. Die IFS in den bayerischen Kommunen haben sich dagegen an den fortschrittlichen Informationsfreiheitsgesetzen der Bundesländer orientiert und gehen über das bayerische Landesgesetz hinaus. A. d. Autors).
Entscheidend für den BayVGH sei letztlich gewesen, dass die Ausgestaltung der Inzeller IFS die Offenlegung von personenbezogenen Daten sowie von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen erlaube und damit in Grundechte Betroffener eingreife. Für derartige Grundrechtseingriffe bedürfe es nachständiger Rechtsprechung einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung in Form eines Parlamentsgesetzes.
Somit fehlt auch nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ein Informationsfreiheitsgesetz.
Bei den Ausführungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, ob Art. 36 BayDSG eine Sperrwirkung gegenüber kommunalen IFS'en entfaltet, handelt es sich um ein sog. "Obiter Dictum", also um eine Feststellung "bei Gelegenheit" und nicht um eine entscheidungsrelevante Feststellung des Gericht. Die Inzeller IFS ist nicht wegen oder an Art. 36 BayDSG gescheitert, weil der Gesetzgeber das Auskunftsrecht jetzt in einer Vorschrift kodifiziert hat. Darauf kam es nicht an, musste es auch nicht ankommen. Die IFS wurde auch nicht für nichtig erklärt, weil sie den Informationszugang auf Gemeindeeinwohner beschränkte und dies eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes darstellen könnte. Das hat das Gericht nach allen Regeln der Kunst geprüft. Darauf kam es also auch nicht an.
Die IFS wurde für nichtig erklärt wegen mangelnder Verhinderung von Grundrechtseingriffen (Übermittlung von personenbezogenen Daten, Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen).
Dass in einer IFS das Datenschutzrecht und spezialgesetzliche Geheimhaltungspflichten gewahrt und durch entsprechende Ausnahmetatbestände Eingriffe in Rechte Dritter verhindert werden müssen, geht ganz klar aus einer Antwort der Staatsregierung auf eine Plenaranfrage hervor. Das Bündnis für Informationsfreiheit weist auch immer ausdrücklich darauf hin und wird diesen Sachverhalt in seiner Mustersatzung verdeutlichen. Daher sollte man sich durch die Entscheidung des BayVGH nicht "kirre" machen lassen. Gemeinden können weiterhin Informationsfreiheitssatzungen erlassen.
Eine weitere Bestätigung der Bayer. Staatsregierung finden Sie hier....