Kein Zweifel: Informationsfreiheits-Satzungen sind rechtlich zulässig!

Das geltende Verwaltungsverfahrensrecht steht dem Erlass einer Informationsfreiheits-Satzung nicht entgegen. Die Vorschrift des Art. 29 BayVwVfG normiert ein Akteneinsichtsrecht von Beteiligten im Verwaltungsverfahren. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass über das Akteneinsichtsrecht des Art. 29 BayVwVfG hinaus Behörden jedem (d.h. nicht nur Beteiligten des Verwaltungsverfahrens) im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens Akteneinsicht gewähren können (vgl. nur Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Auflage, § 29 Rn. 8 m. w. N.).

Ebenso ist anerkannt, dass es den Gemeinden unbenommen ist, »aus ihren Akten Auskunft zu erteilen, wenn weder ein öffentliches noch ein von der Rechtsordnung geschütztes privates Interesse an der Geheimhaltung des Akteninhalts besteht « (vgl. Widtmann/Grasser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand Mai 2005, Exkurs Art. 56 Rn. 18).

Von Seiten der kommunalen Spitzenverbände in Bayern ist die Rechtmäßigkeit einer kommunalen Informationsfreiheits-Satzung in der Vergangenheit angezweifelt worden. Doch diese Zweifel sind nicht begründet. Die gemeindliche Befugnis zum Erlass der Informationsfreiheits-Satzung resultiert direkt aus Art. 23 S. 1 BayGO. Danach können die Gemeinden zur Regelung ihrer Angelegenheiten Satzungen erlassen. Die Informationsfreiheits-Satzung umfasst ausdrücklich nur Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde. Letztendlich basiert die Kompetenz zum Erlass der Informationsfreiheits-Satzung somit auf dem verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltungsrecht gem. Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 10 BV.

Juristische Aussagen

In einer Antwort auf die Frage des SPD-Abgeordneten Harry Scheuenstuhl bestätigt auch das Bayerische Innenministerium die Zulässigkeit (Drucksache 17/8655, Seite 17f.):

Gemeinden können im eigenen Wirkungskreis nach Art. 23 Satz 1 der Gemeindeordnung (GO) zur Regelung ihrer Angelegenheiten Satzungen erlassen. Hierzu gehört auch der Erlass von Informationsfreiheitssatzungen als Ausfluss der gemeindlichen Organisationshoheit. Art. 23 Satz 1 GO ist damit dem Grunde nach eine mögliche Ermächtigungsgrundlage für Informationsfreiheitssatzungen der Gemeinden im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts.
Die allgemeine Satzungsbefugnis aus Art. 23 Satz 1 GO besteht aber nur insoweit, als nicht in Rechte Dritter eingegriffen wird. Für Eingriffe in Rechte Dritter bedürfen Gemeinden einer über Art. 23 Satz 1 GO hinausgehenden gesetzlichen Ermächtigung (Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, 125. EL, Okt. 2014, Art. 23 GO S. 3). Ferner sind beim Erlass von Satzungen spezialgesetzliche Regelungen zu beachten. Der Erlass einer gemeindlichen Informationsfreiheitssatzung ist daher nur von Art. 23 Satz 1 GO gedeckt, wenn der Vorrang spezialgesetzlicher Regelungen (z.B. Datenschutzrecht, spezialgesetzli che Geheimhaltungspflichten) gewahrt wird und durch entsprechende Ausnahmetatbestände Eingriffe in Rechte Dritter verhindert werden (Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, a.a.O., S. 4; Laser, Erlass einer Informationsfreiheitssatzung durch Kommunen, KommunalPraxis 2006, S. 126 f.)
Eine Rechtsauffassung, die Art. 23 Satz 1 GO unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Satzungsregelungen allein aufgrund der Möglichkeit des Eingriffs in Grundrechte Dritter von Vornherein nicht als taugliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Informationsfreiheitssatzungen ansieht, ist dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr nicht bekannt.
Enthält die Informationsfreiheitssatzung geeignete Regelungen zum Schutz von Rechten Dritter, kann sie auf Art. 23 Satz 1 GO gestützt werden. Ein Handlungsbedarf für die Staatsregierung ist daher nicht gegeben

Mit Schreiben vom 10.2.2006, AZ 12-1428.237-4 (abgedruckt in: Fundestelle 2006 Rdnr.227) hat die Regierung von Niederbayern klargestellt, dass der Erlass einer Informationsfreiheits-Satzung durch eine Kommune grundsätzlich möglich ist.

Auch der Oberregierungsrat im Bayerischen Innenministerium Hans-Dieter Laser hat in einem Aufsatz bestätigt, dass der Erlass einer Informationsfreiheits-Satzung im eigenen Wirkungskreis grundsätzlich möglich ist (KommunalPraxis BY Nr. 4 / 2006, Seite 126-127).