In der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen (Oberbayern) tritt zum 1. Januar 2016 eine Informationsfreiheitssatzung in Kraft. Die Initiative dazu kam von Stephan Thiel und Martin Schröter, die im Garmischer Rat eine Grün-Liberale Fraktion bilden. Als Entwurf legten die beiden ihrem Antrag die Mustersatzung des Bündnisses Informationsfreiheit für Bayern bei. Doch dem mochte die Verwaltung nicht folgen und arbeitete stattdessen einen eigenen Entwurf aus, den sie den Räten zur Abstimmung vorlegte.
Wichtigste Unterscheidungspunkte: In der Mustersatzung ist eine aktive Veröffentlichung von Verwaltungsinformationen im Internet vorgesehen; auch kommunale Unternehmen sind zur Auskunft gegenüber der Öffentlichkeit verpflichtet. In der Fassung der Garmischer Verwaltung wird der Zugang zu Informationen dagegen nur auf Antrag gewährt. Und die hiesigen Kommunalunternehmen (Gemeindewerke als Kommunalunternehmen öffentlichen Rechts und die Bayrische Zugspitzbahn AG) bleiben von der Pflicht, Auskunft zu geben, ausgenommen.
Die beiden Gemeinderäte Thiel und Schröter setzten alle Hebel in Bewegung, um diese Einschränkung zu verhindern und mehr Transparenz auch hinsichtlich der gemeindlichen Betriebe und Stiftungen zu erreichen. Anlass dafür gibt es anscheinend genug: Beispielsweise fiel die Entscheidung der Gemeindewerke zum Neubau der Eibseeseilbahn (mit veranschlagten 50 Millionen Euro, zu hundert Prozent über Kredite finanziert) im Frühsommer 2014, ohne den Marktgemeinderat oder die Öffentlichkeit daran zu beteiligten.
Zwei Tage vor der Abstimmung über die Informationsfreiheitssatzung im Marktgemeinderat am 9. Dezember luden Thiel und Schröter zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion mit externen Experten ein, bei der die Frage „Soll die Garmischer Informationsfreiheitssatzung auch für kommunale Unternehmen gelten?“ eingehend erörtert und im Ergebnis eindeutig bejaht wurde. Unter anderem wurde an dem Abend deutlich, dass sich auch bei der Satzung der Landeshauptstadt München – an der sich die Garmischer Verwaltung nach eigenen Angaben orientiert hatte – das Informationsrecht inzwischen auf kommunale Betriebe erstreckt. Zudem kam der Hinweis, dass verschiedene bayerische Gerichtsurteile die Kontroll- und Mitbestimmungsrechte der Bürgerinnen und Bürger auch bei Kommunalbetrieben ausdrücklich bestätigen. Eine Geheimhaltungspolitik in diesem Bereich sei somit nicht erfolgversprechend.
Am Ende nützte alles nichts: Der Gemeinderat lehnte den Satzungsentwurf von Grünen/FDP mit 24 zu 7 Stimmen ab. Die Fassung der Verwaltung wurde daraufhin bei einer Gegenstimme angenommen. Immerhin sind Eigenbetriebe in die Satzung aufgenommen worden - allerdings hat der Ort gar keine Eigenbetriebe. „Mehr war aktuell nicht zu machen“, so Stephan Thiel nach der Entscheidung. „Aber ich bleibe dran.“
2 Antworten auf „Garmisch-Partenkirchen führt Informationsfreiheit ein“
Der Marktgemeinderat Garmisch-Partenkirchen hat in seiner Sitzung am 9.12.2015 eine „Informationsfreiheitssatzung light“ beschlossen und zwar mit nur einer Gegenstimme, nämlich der meinigen. Dies stimmt nachdenklich, denn ich hatte in der Sitzung ausführlich die Vorzüge eines im Netz abrufbaren Informationsregisters nach Hamburgischem Vorbild (HmbTG) geschildert und dazu aufge-rufen, einmal probeweise das Transparenzportal Hamburg anzuklicken und darin zu surfen. So etwas machen Bürger lieber, als dem Rathaus Anträge auf Akteneinsicht zu stellen und die Dokumente dann, nach Gewährung, unter Aufsicht zu überfliegen. Schon das korrekte Stellen solcher Anträge bereitet dem kommunalpolitischen Laien u.U. Schwierigkeiten. Die Eingabe von Suchwörtern im Transparenzportal führt hingegen rasch zum Ziel. Darüber hinaus wird der Bürger während des Surfens durch Zufall auf interessante Dokumente gestoßen, die zu weiterer Recherche und zum Nachdenken anregen. Dies wäre eine echte Manifestation von Bürgernähe wie sie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – aber nicht nur von diesen – in ihrem Kommunalwahlprogramm versprochen wurde. Die Chance wurde allerdings vertan.
Dr.Christoph Elschenbroich
MdG parteifrei
Referent für Bürgerbeteiligung
Garmisch-Partenkirchen
Wenn man mit „Informationsfreiheit“ tatsächlich eine Mehrung des Bürgerinteresses zu politischen Entscheidungen meint und mehr Bürgerinteresse erreichen will, halte ich eine Verfügbarkeit der Kern-unterlagen per Internet für unerlässlich. Ein alternatives Informationsangebot „per Antrag“ mit (im Falle einer Antragsbejahung) nachfolgender „vor Ort Einsichtnahme“ in der Verwaltung werde ich nicht nutzen (Ausnahme: kaum internetfähiges Infomaterial wie beispielsweise Baupläne oder darstellende Modelle).
Ohne Internetlösung, bleibt mir als Infomöglichkeit nur der Besuch öffentlicher Sitzungen (ohne vorbereitende Infos jedoch meist ebenfalls unbefriedigend), oder die häufig dürftigen u. teilweise sogar missverständlichen redaktionellen Darstellungen der Presse, also Keine Verbesserung des Status Quo.