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Informationsfreiheit für Baden-Württemberg:
Gewissenhafte Maurer legen Eckpunkte vor

Es ist ganz so wie in Otto Reutters berühmten Couplet: „Nu fang' wa gleich an...", beteuert der „Gewissenhafte Maurer" zu wiederholten Malen - und findet dann jedesmal wieder einen (mehr oder weniger triftigen) Grund, die Sache doch noch etwas hinauszuzögern. http://www.otto-reutter.de/der-gewissenhafte-maurer.html

Im Koalitionsvertrag zwischen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD Baden-Württemberg war vereinbart worden, ein Informationsfreiheitsgesetz zu schaffen. Das war im Mai 2011, also vor dreieinhalb Jahren. Man wolle das Gesetz schnell auf der Agenda haben, Gespräche liefen bereits, hieß es aus Koalitionskreisen im Juni 2011. Dann hörte man lange Zeit nichts mehr. Im März des Folgejahres eröffnete Baden-Württemberg ein Open-Data-Portal - flankiert von der Ankündigung, ein Informationsfreiheitsgesetz werde im Laufe des Jahres 2012 vorgelegt.

Doch auch dazu kam es nicht. Stattdessen ließ man verlauten, im Frühjahr 2013 solle ein erster Gesetzentwurf vorgelegt werden. Wer im März 2013 einen Gesetzentwurf vorlegte, war allerdings nicht die Regierung, sondern die Opposition. Dieser Vorstoß der FDP wurde im Landtag mit Stimmenmehrheit von SPD und Grünen abgelehnt.

„Es ist beabsichtigt, einen entsprechenden Gesetzentwurf im Rahmen der personellen Möglichkeiten im Laufe des Jahres 2013 zu erarbeiten", lautete im Mai 2013 die Antwort der Landesregierung auf die Nachfrage eines erwartungsvollen Bürgers im Internet.

Aber ein weiteres Jahr ging ins Land, bevor die Fraktionschefin von Bündnis 90/Die Grünen Edith Sitzmann gegenüber der dpa sagte, es werde innerhalb der grün-roten Regierungskoalition im Herbst eine Einigung beim Thema Landes-Informationsfreiheitsgesetz geben. Gemeint war Herbst des Jahres 2014.

Der Herbst ist vorbei. Vor wenigen Tagen (am 25. November) haben die Fraktionen Grüne und SPD „Eckpunkte" beschlossen, die einem Gesetzentwurf für ein zukünftiges Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG) zugrunde gelegt werden sollen. Das Gesetz will - oder soll - Innenminister Gall im ersten Quartal 2015 vorlegen. Man darf gespannt sein.

Die vorliegenden Eckpunkte lassen allerdings Skepsis aufkeimen, ob sich das lange Warten am Ende lohnen wird. Der Aufbau des Gesetzes solle sich am Informationsfreiheitsgesetz des Bundes orientieren, steht in den Eckpunkten. Das Bundesgesetz ist nicht gerade für seine bürgerfreundlichen Regelungen oder weitreichende Veröffentlichungspflichten der Verwaltung bekannt.

„Besonders sensible Bereiche" werden aus dem Anwendungsbereich ausgenommen - darunter, ausgerechnet, die Landesbank Baden Württemberg oder auch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Gerade hier besteht bekanntermaßen ein erheblicher Transparenznachholbedarf. Ob der Landtag zum Kreis der auskunftspflichtigen Stellen gehören soll, darf dieser im späteren Gesetzgebungsverfahren selbst klären. Definitv vom Informationszugang ausgeschlossen bleiben sollen unter anderem die Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle sowie die „Eigenverantwortung der Landesregierung".

Soweit der Informationszugang Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berührt, bleibt deren Schutz absolut. Es ist explizit keine Abwägungsklausel vorgesehen - Grund: Eine Verschlechterung der Standortbedingungen für baden-württembergische Wirtschaftsunternehmen solle vermieden werden.

Was die Bearbeitungsfristen eines Antrags betrifft, so wird behauptet, es werde gegenüber dem Bundes-Informationsfreiheitsgesetz eine bessere Regelung geben. „Es wird vorgesehen, dass die Bearbeitung innerhalb eines Monats zu erfolgen hat; in Ausnahmefällen innerhalb von drei Monaten", so die Eckpunkte. Fragt sich, für wen das eine Verbesserung darstellt - vielleicht für die Verwaltung. Denn im Bundesgesetz heißt es im ersten Satz: „Die Information ist dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Belange unverzüglich zugänglich zu machen", bevor dann eine Frist von einem Monat festgelegt ist, innerhalb dessen eine Bearbeitung erfolgen soll.

Auch die Ankündigung, dass ein eigenständiges Widerspruchsverfahren im Bereich des LIFGs nicht beabsichtigt sei, ist für den Bürger - der also unter Umständen ein Vierteljahr auf eine Antwort warten muss und dem die gewünschte Information am Schluss verweigert wird - wahrlich kein Grund zum Jubeln über den zu erwartenden Wortlaut des Gesetzes.

Eine Abschreckung von Fragestellern durch hohe Gebühren solle vermieden werden, heißt es, und: „Zusätzlich kann die Verwaltung von der Forderung von Gebühren in besonderen Einzelfällen ganz absehen." Welch eine Großzügigkeit! Damit wird der in anderen Bundesländern bestehende Standard, Gebührenfreiheit zumindest bei einfachen mündlichen und schriftlichen Auskünften regelmäßig zu gewähren, unterboten.

Die vorgesehenen Regelungen zur „proaktiven Informationspolitik" machen abschließend deutlich, dass von der grün-roten Regierung in Baden-Württemberg gewiss kein Informationsfreiheitsgesetz der neuen Generation zu erwarten ist, wie es das Transparenzgesetz in Hamburg darstellt, das umfassende Veröffentlichungspflichten vorsieht, beispielsweise für Verträge der Daseinsfürsorge.

Was lange währt, wird endlich ... ? Doch erstmal abwarten, ob diesmal etwas daraus wird.

Hier sind die  Eckpunkte_IFG_Gruene_SPD_2014-11-25