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Fürth erwägt Abschaffung der Informationsfreiheitssatzung

Die Stadt Fürth führte im Jahr 2012, wie viele andere Städte, eine Informationsfreiheitssatzung ein, um den Bürgern einen ungehinderten Zugang zu öffentlichen Informationen aus der Verwaltung zu ermöglichen.
Dieser Schritt war von großer Bedeutung, denn Informationsfreiheit ist ein unveräußerliches Jedermannsrecht. Bürger müssen ihre Informationsanfragen nicht rechtfertigen, da die Informationen ihnen gehören. Die Verwaltung ist lediglich verpflichtet, in wenigen Ausnahmefällen zu begründen, warum eine Information nicht offengelegt werden kann.

Jedoch müssen wir mit Bestürzung feststellen, dass die Verwaltung, ein völlig anderes Demokratieverständnis hat und nun versucht, die für uns so wertvolle Informationsfreiheitssatzung komplett abzuschaffen. Der entsprechende Antrag wurde dem Finanz- und Verwaltungsausschuss sowie dem Stadtrat für den 27.07.23 vorgelegt.

In seinem Antrag beruft sich der Rechtsreferent der Stadt Fürth darauf, dass die Informationsfreiheitssatzung durch Artikel 39 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) obsolet geworden sei.


Die Abschaffung der IFS leistet hingegen keinen simplen "Beitrag zur Deregulierung", wie von Herrn Kreitinger behauptet, sondern stellt vielmehr einen aktiven und geplanten Angriff auf die Informationsfreiheit in Fürth dar.

Der Art. 39 BayDSG ist kein adäquater Ersatz für die IFS!

Weder der Artikel 39 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) noch andere Umwelt- und Verbraucherinformationsgesetze können die Informationsfreiheitssatzung (IFS) der Stadt Fürth angemessen ersetzen.


Im Gegensatz zur IFS setzt das BayDSG ein "berechtigtes Interesse" voraus, welches jedoch nicht vom Bürger, der Interesse hat, definiert wird, sondern von der Stadtverwaltung. Dadurch wird der mündige Bürger, in
dessen Namen Daten letztendlich erhoben werden, zum reinen Bittsteller.


Des Weiteren erlaubt das BayDSG die Herausgabe von Informationen nur, wenn kein "auf eine entgeltliche Weiterverwendung gerichtetes Interesse" besteht. Ein Beispiel hierfür sind Radverkehrsdaten, die bei Openstreetmap eingestellt wurden, welche eine entgeltliche Weiterverwendung erlauben. Eine solche Weiterverwendung wäre nach einer möglichen Abschaffung der IFS nicht mehr ohne Weiteres möglich.


Ein weiterer bedenklicher Aspekt betrifft die fehlenden Fristen im BayDSG im Gegensatz zur IFS, die klare Bearbeitungsfristen vorsieht. Dies ermöglicht der Stadt, Anfragen einfach "unter den Tisch fallen zu lassen",
ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Bereits jetzt bleiben viele Anfragen unbeantwortet oder werden erst nach mehrmaliger Nachfrage mit vielen Wochen Verspätung beantwortet, obwohl eine überaus großzügige Bearbeitungszeit von zwei Monaten vorgesehen ist. Eine
vollständige Abschaffung von Bearbeitungsfristen wäre daher fatal.

Des Weiteren ist der Artikel 19 des BayDSG absichtlich sehr schwammig formuliert im Vergleich zur guten IFS der Stadt Fürth. So kann die Auskunft auch verweigert werden, wenn "sonstige öffentliche oder private Interessen entgegenstehen". Dadurch erhält die Verwaltung faktisch ein Mittel, um alle unliebsamen Anfragen einfach abzulehnen.


Ein weiterer wichtiger Unterschied besteht darin, dass der Artikel 39 des BayDSG eine umfangreiche Liste von Einrichtungen führt, die von jeglichen Informationsansprüchen ausgenommen sind, darunter auch alle Bildungseinrichtungen sowie alle Körperschaften des öffentlichen Rechts. Im Gegensatz dazu umfasst die IFS alle "Informationen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises".

Dies hat bereits in der Vergangenheit zu einigen Anfragen an Schulen, Hochschulen, INFRA und ähnlichen Einrichtungen geführt. Nach einer Abschaffung der IFS wäre eine derartige Informationsgewinnung nicht mehr in dieser Art möglich.
Wie es um die Transparenz in Deutschland bestellt ist, wird systematisch von der Open Knowledge Foundation Deutschland erfasst3. Es fällt auf, dass während andere Länder echte Transparenzgesetze haben, Bayern
und Niedersachsen noch nicht einmal über ein einfaches
Informationsfreiheitsgesetz verfügen und somit zu den absoluten Schlusslichtern in Sachen Transparenz gehören. Sollte nun auch noch die Stadt Fürth ihre eigene Informationsfreiheitssatzung abschaffen, wäre sie
faktisch von heute auf morgen eine der intransparentesten Großstädte in Deutschland – ein bedauerliches Zeugnis!
Angesichts dieser Bedenken ist der Antrag der Verwaltung zur Abschaffung der IFS aus den dargestellten Gründen abzulehnen.

Vielmehr sollte die Stadt darüber nachdenken, wie die beeindruckende Informationsfülle, die von der Verwaltung für viel Geld erstellt wird, den Bürgern einfach und kostenfrei zur Verfügung gestellt werden kann, ähnlich wie es bereits unzählige andere Städte und Kommunen, ja sogar ganze Bundesländer bereits praktizieren. Eine solche Maßnahme würde das Vertrauen der Bürger stärken und die Transparenz der Verwaltung fördern, die Abschaffung der IFS bewirkt das Gegenteil!