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Informationsfreiheit: Bayerische Gemeinden sind nicht gezwungen, bei Anfragen Gebühren zu erheben

Wenn im Gemeinderat die Einführung einer Informationsfreiheitssatzung zur Diskussion steht, kommt es öfters vor, dass sich aus der Verwaltung eine warnende Stimme erhebt: 'Bis jetzt beantworten wir Anfragen von Bürgern kostenlos. Wenn wir eine Informationsfreiheitssatzung haben, ist die Gemeinde verpflichtet, Gebühren dafür zu erheben.' Diese Behauptung kann als Gegenargument und auch zu einer Verunsicherung von Gemeinderatsmitgliedern dienen. Was ist an der Aussage dran?

Hier ist festzuhalten: Das stimmt so nicht. Es gibt keinen Gebührenzwang, der den Gemeinden „von oben“ auferlegt wäre. Keine Gemeinde ist gezwungen, Gebühren für Informationsanfragen von Bürgern zu erheben. Bestätigt hat dies kürzlich die Rechtsaufsicht des Landkreises München in einer Mail an die Gemeinde Haar, die eben danach gefragt hatte. Darin heißt es: Zwar sei es zu rechtfertigen, wenn eine Gemeinde Gebühren erhebt. Ob jedoch bei Anfragen gemäß Informationsfreiheitssatzung Verwaltungsgebühren zu erheben sind, liegt im Ermessen der Gemeinde. Aus verwaltungskostenrechtlicher Sicht besteht keine Erhebungspflicht.

In dem Schreiben, dessen Wortlaut uns vorliegt, heißt es:

„Aus abgaberechtlicher Sicht können wir nicht abschließend beurteilen, ob die Gemeinde Haar im Rahmen des Vollzugs der Informationsfreiheitssatzung Verwaltungsgebühren zu erheben hat. Diese Entscheidung liegt gem. Art. 20 Abs. 1 KG im Ermessen der Gemeinde; eine Erhebungspflicht obliegt ihr demnach jedenfalls nicht unmittelbar (vgl. Vollz.Bek BayStMI v. 20.01.1999, AIIMBI. 2009, 327 in: Rott/Stengel, Verwaltungskostenrecht für Staats- und Gemeindebehörden in Bayern, Art. 20 KG, Rechtsstand April 2015).

Gegebene Auskünfte können einen erheblichen Verwaltungsaufwand auslösen, für die Gemeinde rechtsverbindlich sein oder einen wesentlichen Inhalt haben. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob es sich um rechtsverbindliche Auskünfte oder um Auskünfte über tatsächliche Sachverhalte handelt. Insbesondere bei Rechtsauskünften rechtfertigt es die daraus ggf. folgende Haftung der Gemeinde oder einzelner Mitarbeiter für unvollständige oder unrichtige Auskünfte grundsätzlich, Kosten zu erheben (vgl. Rott/Stengel, a.a.O., Art. 3 KG, Erl.6).

Der Art. 62 Abs. 2 GO geht von dem Grundsatz aus, dass derjenige, der eine kommunale Leistung in Anspruch nimmt, die entstehenden Kosten in vertretbarem Umfang tragen soll. Der Grundsatz der Vorrangigkeit der speziellen Entgelte, wozu auch die Verwaltungsgebühren zählen, wurden deshalb im Zuge der Haushaltsreform besonders betont, "um der derzeitigen unerwünschten Entwicklung bei den speziellen Deckungsmitteln entgegenzutreten, die dahin geht, auf die angemessene Gegenleistung zu verzichten und den Aufwand für die dem Einzelnen besonders zu Gute kommenden Leistungen aus allgemeinen Deckungsmitteln zu bestreiten" (siehe dazu Nr. 1.6 der Begründung zum Gesetzentwurf, Landtagsdrucksache 7/3103).
Die Rangfolge bedeutet, dass zunächst die speziellen Entgelte in Anspruch zu nehmen sind, bevor Steuern erhoben werden.
Bei der Festsetzung der besonderen Leistungsentgelte ist den Gemeinden ein Spielraum der eigenverantwortlichen politischen Entscheidung eingeräumt: Diese Einnahmen sind, soweit vertretbar und geboten, zu beschaffen. Wirtschaftliche und soziale Gesichtspunkte werden dabei eine Rolle spielen. Im Einzelfall geht es um die kommunalpolitische Entscheidung darüber, wann voll kostendeckende Entgelte und wann nur teilweise kostendeckende Entgelte für die einzelne Inanspruchname ausgestaltet werden (Tarifgestaltung) (vgl. Kommentar Kommunales Haushalts- und Wirtschaftsrecht in Bayern von Schreml/Bauer/Westner, Erl. 5 zu Art. 62 GO)."